Umfrage: Auch Bereitschaft zum Energiesparen stark ausgeprägt — Energiepreise gelten als größte Bedrohung der Industrie
Ein großer Anteil der wahlberechtigten Bevölkerung macht sich angesichts der gestiegenen Energie- und Stromkosten sehr große bzw. große Sorgen um die Zukunft des Industriestandorts Deutschland. Fast neun von zehn Befragten signalisieren zudem Bereitschaft zum Energiesparen, um die Energieversorgung der Industrieunternehmen zu sichern und so Arbeitsplätze zu erhalten. Die größte derzeitige Bedrohung für die deutsche Industrie stellen aus Sicht der wahlberechtigten Bevölkerung die hohen Energiepreise dar. Der Fachkräftemangel, eine Ausweitung des Krieges in der Ukraine und die Inflation folgen mehr oder weniger gleichauf. Um die Zukunft der deutschen Industrie und das Gelingen der Transformation zu sichern, bedarf es eines gut ausgebildeten Fachpersonals, das aus Sicht der Befragten am ehesten durch eine Verbesserung der Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen gewährleistet werden kann.
Dies ergab eine dreistufige repräsentative Meinungsumfrage im Auftrag des Vereins Netzwerk “Zukunft Der Industrie” e.V.
Die eindeutige und große Mehrheit der Befragten ist sich der kritischen Lage der Industrie bewusst und persönlich bereit, Energie einzusparen, um Industrieunternehmen zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten. Realität und öffentliche Wahrnehmung stimmen also überein. Daraus lässt sich eine breite Akzeptanz für ein dezidiert auf den Erhalt der industriellen Wertschöpfung abzielendes Krisenmanagement ableiten.
Die Sorge um den Industriestandort teilen aktuell 67% der Befragten. Damit ist der Anteil um 8% gefallen, bleibt aber weiterhin auf einem hohen Niveau. Die Bereitschaft, durch das Einsparen von Energie einen persönlichen Beitrag zum Erhalt von Industrieunternehmen und Arbeitsplätzen zu leisten, bestätigen 87% der Befragten.
- Die größte derzeitige Bedrohung für die deutsche Industrie stellen aus Sicht der wahlberechtigten Bevölkerung die hohen Energiepreise dar (31%). Der Fachkräftemangel (22%), eine Ausweitung des Krieges in der Ukraine (20%) und die Inflation (19%) folgen mehr oder weniger gleichauf.
- 79% der Befragten halten die Verbesserung der Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen für äußerst oder sehr wichtig, um die Zukunft der deutschen Industrie und das Gelingen der Transformation zu sichern. 62% halten die Verringerung der Schulabbrecherquoten für besonders relevant und gut jeder Zweite stuft die Stärkung der Studierendenzahlen in den sogenannten MINT-Fächern in diesem Zusammenhang als bedeutsam ein (52%).
Die Ergebnisse der ersten Umfragewelle im Detail:
42% der wahlberechtigten Bevölkerung machen sich große Sorgen, 33% sogar sehr große Sorgen um die Industrie. Frauen (79%) machen sich diesbezüglich mehr Sorgen als Männer (72%), jüngere Befragte bis 39 Jahre (64%) weniger als Befragte im vorrangig berufsaktiven Alter (78%) oder ab 65 Jahren (79%). Nach Partei-Affinitäten zeigen sich besonders Anhänger der AfD (98%) und auch noch der Union (78%) überdurchschnittlich besorgt, Anhänger*innen von Grünen (55%) und FDP (63%) vergleichsweise weniger – wenngleich sich alle Wähler mehrheitlich besorgt äußern. Personen mit niedrigerem Schulabschluss blicken nur etwas besorgter auf die Zukunft der Industrie: 32% bzw. 47% der Befragten mit Haupt- oder Volksschulabschluss machen sich sehr große oder große Sorgen. Das Einkommensniveau hat keine ausgeprägten Auswirkungen. In Ostdeutschland (78%) ist die Sorgen etwas stärker verbreitet als in Westdeutschland (74%).
87% der Befragten signalisieren Bereitschaft zum Energiesparen, um die Energieversorgung der Industrieunternehmen zu sichern und so Arbeitsplätze zu erhalten. Frauen (91%) zeigen sich auf hohem Zustimmungsniveau stärker zum Sparen bereit als Männer (83%). Personen, die sich Sorgen um die Zukunft der Industrie machen, signalisieren eher Einsparbereitschaft (89%) als diejenigen, die das Thema weniger umtreibt (79%). Nach Partei-Affinitäten sind es vor allem die Anhänger der SPD (93%) und der CDU/CSU (94%), die diesbezüglich eine Verhaltensanpassung in Aussicht stellen. Vergleichsweise zurückhaltend äußern sich die Anhänger der AfD (63%). Auch hier liegen Personen mit Haupt- und Volksschulabschluss tendenziell eher über dem Erhebungsdurchschnitt: 91% sind bereit zum Energiesparen. In Westdeutschland ist die persönliche Bereitschaft (88%) etwas stärker ausgeprägt als in Ostdeutschland (81%).
Die Ergebnisse der zweiten Umfragewelle im Detail:
Gegenüber der ersten Erhebung machen sich nahezu unverändert drei Viertel der wahlberechtigten Bevölkerung angesichts der gestiegenen Energie- und Stromkosten sehr große (31%) bzw. große Sorgen (44%) um die Zukunft des Industriestandorts Deutschland. Frauen (77%) machen sich diesbezüglich etwas mehr Sorgen als Männer (72%), jüngere Befragte bis 39 Jahre (63%) weniger als Befragte im quasi ausschließlich berufsaktiven Alter (78%) oder ab 65 Jahren (79%). Auffällig ist, dass die Sorgen bei Befragten mit niedrigem Haushaltsnettoeinkommen leicht gestiegen sind (+7 Punkte), während sie bei Personen mit überdurchschnittlichem Einkommen etwas abgenommen haben (-5 Punkte). Nach Partei-Affinitäten äußern sich unverändert vor allem Anhänger der AfD (90%) und auch noch der Union (80%) überdurchschnittlich besorgt, Anhänger*innen von Grünen (58%) vergleichsweise weniger.
Die größte derzeitige Bedrohung für die deutsche Industrie stellen aus Sicht der wahlberechtigten Bevölkerung die hohen Energiepreise dar (31%). Der Fachkräftemangel (22%), eine Ausweitung des Krieges in der Ukraine (20%) und die Inflation (19%) folgen mehr oder weniger gleichauf. Die internationale Konkurrenz treibt dagegen mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie nur wenige Befragte um (3%).
Auffällig sind deutliche Unterschiede nach Altersgruppen: Während die 18–39jährigen vor allem der Fachkräftemangel umtreibt (29%) ist das Thema aus Sicht der über 64jährigen spürbar weniger relevant (21%). Umgekehrt besorgt das ältere Segment eine mögliche Ausweitung des Ukraine-Krieges (30%) sehr viel stärker als die jungen Befragten (11%). Für das berufsaktive mittlere Alterssegment sind dagegen die hohen Energiepreise (34%) die größte Bedrohung für die deutsche Industrie.
Nach Parteiaffinitäten teilen die Anhänger von SPD (29%), AfD (41%) und FDP (57%) vor allem die Sorge um die hohen Energiepreise. Grünen-Anhänger sind dagegen der Auffassung, dass der Fachkräftemangel die derzeit größte Bedrohung für die deutsche Industrie darstellt (38%). Anhänger von Union (28%) und Linke (40%) sorgen sich vor allem wegen der hohen Inflation. Die Ergebnisse Anhänger der FDP und der Linken sind angesichts einer kleinen Fallzahl als Trendwerte zu verstehen.
Wer sich wegen der gestiegenen Strom- und Energiepreise um die Zukunft der Industrie sehr große oder große Sorgen macht, für den sind die hohen Energiepreise auch die mit Abstand größte akute Bedrohung (37%). Wer sich diesbezüglich weniger oder keine Sorgen macht, der sieht vor allem im Fachkräftemangel die mit Abstand größte Herausforderung (43%).
Die Ergebnisse der dritten Umfragewelle im Detail:
Aktuell machen sich zwei Drittel der wahlberechtigten Bevölkerung infolge der gestiegenen Energiekosten große (25%) bzw. sehr große (42%) Sorgen um die Zukunft der Industrie in Deutschland und die damit verbundenen Arbeitsplätze; 8 Prozentpunkte weniger als noch Anfang November.
Im Osten des Landes (78%) wird eine Gefährdung des Wirtschaftsstandorts Deutschland dabei deutlich häufiger gesehen als in Westdeutschland (64%), wo der Anteil gegenüber der letzten Erhebung um 11 Punkte zurückgegangen ist. Zudem nehmen die diesbezüglichen Sorgen offenbar mit dem Alter der Befragten zu: Während sich 58% der 18- bis 39-Jährigen sehr besorgt zeigen, sind es unter den älteren Befragten ab 65 Jahren immerhin 75%. Und wie schon zuvor, machen sich Frauen (70%) diesbezüglich häufiger Sorgen als Männer (64%). Vergleichsweise gering fällt der Anteil bei den Befragten mit höherem Bildungsabschluss aus (58%), bei ihnen haben die Sorgen gegenüber der letzten Befragung deutlich nachgelassen (-17 Punkte).
Bei der Betrachtung nach Parteineigung zeigt sich das aus den Vorerhebungen bereits bekannte Muster: Die Anhängerschaft der AfD erweist sich als besonders besorgt (88%) und bei den Anhänger*innen der Grünen fällt der Anteil verhältnismäßig gering aus (54%). Auffällig ist, dass die Sorgen bei der Anhängerschaft der Union im Vergleich zur letzten Erhebung deutlich abgenommen haben (-16 Punkte). Für die Anhänger*innen der FDP und der Linken gilt wie zuvor, dass die betreffenden Ergebnisse aufgrund einer kleinen Fallzahlbasis (<80 Interviews) starken Schwankungen unterliegen; die Befunde sind daher mit Vorsicht zu interpretieren und nur als grobe Trendwerte anzusehen.
Um die Zukunft der deutschen Industrie und das Gelingen der Transformation zu sichern, bedarf es eines gut ausgebildeten Fachpersonals, das aus Sicht der Befragten am ehesten durch eine Verbesserung der Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen gewährleistet werden kann: 79% der Befragten bewerten diese Maßnahme als äußerst oder sehr wichtig. 62% halten die Verringerung der Schulabbrecherquoten für besonders relevant und gut jeder Zweite stuft die Stärkung der Studierendenzahlen in den sogenannten MINT-Fächern in diesem Zusammenhang als bedeutsam ein (52%). Vergleichsweise geringen Zuspruch findet hingegen die Vereinfachung der Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften nach Deutschland; nur 36% beurteilen diese Maßnahme als äußerst oder sehr wichtig.
Bei den Teilgruppen zeigen sich insbesondere folgende Unterschiede: Eine Verbesserung der Berufsorientierung und eine Verringerung der Schulabbrecherquoten stößt häufiger bei Frauen (84% bzw. 68%) als bei Männern (75% bzw. 45%) auf Zustimmung. Jüngere Befragte (73% bzw. 51%) sind seltener von den beiden Maßnahmen überzeugt als die älteren Bevölkerungsgruppen. Eine besonders große Relevanz wird der Verbesserung der Berufsorientierung seitens der Anhänger*innen der SPD (86%) und der FDP (90%) zugeschrieben.
Eine Stärkung der Studierendenzahlen in den Mint-Fächern trifft hingegen öfter bei Männern (57%) als bei Frauen (48%) auf Zuspruch. Darüber hinaus wird diese Maßnahme überdurchschnittlich häufig von den Union-Anhänger*innen (68%) begrüßt. Jüngere Befragte (38%) sind wiederum eher selten von deren Relevanz überzeugt. Anders sieht es mit einer Vereinfachung der Zuwanderung aus: Diese Maßnahme stufen die jüngeren Befragten (47%) überdurchschnittlich häufig als besonders wichtig ein. Mit steigendem Bildungsniveau wächst zudem die Zustimmungsrate an (geringeres Bildungsniveau 29%, höheres Bildungsniveau 43%). Überdurchschnittlich viele Befürworter einer vereinfachten Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften finden sich darüber hinaus bei den Anhängerschaften der drei Regierungsparteien SPD (56%), Grüne (48%) und FDP (43%). Im Unterschied dazu, halten nur wenige Anhänger*innen der AfD (17%) die Maßnahme für besonders relevant.
Die Umfrage wurde in drei Wellen vom 11. bis 13. Oktober, vom 2. bis 8. November sowie vom 22. bis 23. November 2022 durch das Meinungsforschungsunternehmen Kantar Public durchgeführt. Per Telefoninterview (CATI) wurde eine repräsentative Zufallsstichprobe von 1.014, 1.004 respektive 941 Wahlberechtigten befragt.
Auftraggeber ist der Verein Netzwerk Zukunft der Industrie e.V.